Co-abhängiges Verhalten

“Man kann ein Problem nicht mit der selben Denkweise lösen,
mit der es erschaffen wurde.”

Albert Einstein

Schloss und Schlüssel

Wie Schloss und Schlüssel ergänzen sich die Verhaltensweisen des Süchtigen und seines sozialen Umfelds. Die Menschen der Umgebung wollen die Fehler des Suchtkranken ausgleichen. Deshalb verleugnen sie auftauchende Probleme und verschleiern die Suchterkrankung mit all ihren Auswirkungen:

  • Sie schirmen die Betroffenen ab, beschützen sie und übernehmen ihre Aufgaben und ihre Verantwortung. Damit erfüllen sie in bester Absicht eine ausgleichende, stabilisierende Funktion.
  • Sie schaffen Nischen und Schonräume, um ihnen zu “helfen”, oder damit kein “schlechtes Licht” auf die Abteilung fällt. Damit halten sie Kritik fern und fördern eine unrealistisch positive Selbsteinschätzung der Betroffenen.

Verlust der inneren Moral

Kollegen und Vorgesetzte werden so in einem zunächst unmerklich schleichenden Prozess zu einem Teil der süchtigen Dynamik. Der Versuch eine Normalität zu sichern, die längst nicht mehr vorhanden ist, führt in eine zunehmende co-abhängige Verstrickung mit fortschreitenden Belastungen:

  • So wie der Alkoholabhängige durch besondere Anstrengung versucht den Alkohol zu kontrollieren und in den Griff zu bekommen,  so versuchen die nahestehenden Personen den Abhängigen zu kontrollieren und in den Griff zu bekommen. Der Alkoholkranke und sein Umfeld erleben dabei gleichermaßen immer wieder neue Niederlagen.
  • Die Abhängigen brauchen immer mehr „Hilfe“, womit sie die umgebenden Menschen  schließlich überfordern.
  • Zusätzlich  entsteht eine innere Zerrissenheit zwischen dem, was die nahen Bezugspersonen in helfender Absicht tun – zu dem sie sich auch haben verleiten und hinreißen lassen – und dem, was sie eigentlich für richtig halten. Das Handeln steht dabei immer weniger in Einklang mit den eigenen Maßstäben und Werthaltungen.
  • Der Verlust der inneren Moral tritt ein, wenn Vorgesetzte und Mitarbeiter Dinge tun, die sie schon lange weder tun wollten noch tun sollten, oder wenn sie Dinge ertragen, die sie schon lange nicht mehr ertragen dürften.
  • Die wachsende Diskrepanz ihres Handelns zu ihren ethisch-moralischen Überzeugungen führt zu steigender Spannung und Erschöpfung.
  • Wohlbefinden, Arbeitsklima und Motivation sinken und es entstehen gesundheitliche Belastungen körperlicher und psychosomatischer Art – möglicherweise gar eigenes Erleichterungstrinken.
  • Rat- und Hilflosigkeit und die Unerträglichkeit der Situation kann – ähnlich wie im Suchtverlauf eines Alkoholkranken – zur Erfahrung eines Tiefpunktes bei den Bezugspersonen führen. Sie kapitulieren vor dem Alkoholiker, wie ein Alkoholiker vor dem Alkohol kapitulieren muss, wenn er genesen will.
  • Das bedeutet nicht, eine Kündigungsverfahren einzuleiten, sondern zu erkennen und zu akzeptieren, dass sie hilflos sind, dass sie nicht alleine helfen können. Je früher das Verstanden wird, um so eher kann professionelle Beratung eingeholt werden. Dies markiert den Wendepunkt.

Es kommt darauf an:

  • Führungskräfte für das Erkennen süchtiger Dynamik zu sensibilisieren, damit sie sich nicht in den Strudel co-abhängigen Verhaltens hineinziehen lassen,
  • die Kenntnis und Handlungskompetenz für „not-wendige“ Interventionen in den hierarchischen Linien zu verankern,
  • Coaching für Vorgesetzte bereit zu stellen.

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